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Diskussion:Fritz Teufel - Gedenkseite: Unterschied zwischen den Versionen

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Prüfen wir Teufels Etiketten auf ihren Realitätsgehalt und betrachten das des „Anarchisten“, so gibt er selbst auf einer Gedenkveranstaltung für Rudi Dutschke im „Libertären Forum Berlin“ am 10. Februar 1989 folgende Antwort:
 
Prüfen wir Teufels Etiketten auf ihren Realitätsgehalt und betrachten das des „Anarchisten“, so gibt er selbst auf einer Gedenkveranstaltung für Rudi Dutschke im „Libertären Forum Berlin“ am 10. Februar 1989 folgende Antwort:
  
„Aber es ist eigentlich nicht so, dass der klassische Anarchismus zu der Zeit ’ne große Rolle gespielt hat. Wir waren innerhalb ganz kurzer Zeit Trotzkisten, Maoisten, Anarchisten, Surrealisten, Dadaisten sowieso; manche haben dann auch von Dutsch-kisten gesprochen (...).“   
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„Aber es ist eigentlich nicht so, dass der klassische Anarchismus zu der Zeit ’ne große Rolle gespielt hat. Wir waren innerhalb ganz kurzer Zeit Trotzkisten, Maoisten, Anarchisten, Surrealisten, Dadaisten sowieso; manche haben dann auch von Dutschkisten gesprochen (...).“   
 
Diese Selbsteinschätzung scheint auf einen undifferenzierten politischen Anarchismusbegriff hinzuweisen. Diese Begrifflichkeit macht aber dann Sinn, wenn der Zeitbezug beachtet wird. Im antiautoritären Lager, welches damals noch in großen Teilen mit dem der Studentenbewegung übereinstimmte, standen sich zwei miteinander konkurrierende politische Hauptlinien gegenüber. Eine bildete das zunächst einseitig auf das Feld der Hochschulpolitik fixierte Lager, das also nur um die eine oder andere Detailreform kämpfte.
 
Diese Selbsteinschätzung scheint auf einen undifferenzierten politischen Anarchismusbegriff hinzuweisen. Diese Begrifflichkeit macht aber dann Sinn, wenn der Zeitbezug beachtet wird. Im antiautoritären Lager, welches damals noch in großen Teilen mit dem der Studentenbewegung übereinstimmte, standen sich zwei miteinander konkurrierende politische Hauptlinien gegenüber. Eine bildete das zunächst einseitig auf das Feld der Hochschulpolitik fixierte Lager, das also nur um die eine oder andere Detailreform kämpfte.
 
   
 
   
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Teufel und Andere wurden am fünften April 1967 festgenommen, nachdem sie beim Werfen von Plastikbeuteln beobachtet wurden. Polizei und Presse konstruierten daraus ein Attentat auf den US-Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey, der damals auf Berlinbesuch war. Die weltweite Blamage war groß, als sich die Wurfgeschosse als Puddingpulverbomben entpuppten („Pudding-Attentat“). Die vermeintlichen Attentäter mussten bald darauf wieder freigelassen werden.
 
Teufel und Andere wurden am fünften April 1967 festgenommen, nachdem sie beim Werfen von Plastikbeuteln beobachtet wurden. Polizei und Presse konstruierten daraus ein Attentat auf den US-Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey, der damals auf Berlinbesuch war. Die weltweite Blamage war groß, als sich die Wurfgeschosse als Puddingpulverbomben entpuppten („Pudding-Attentat“). Die vermeintlichen Attentäter mussten bald darauf wieder freigelassen werden.
Während der Demonstration gegen den Staatsbesuch des Schah von Persien am zweiten Juni 1967 wurde Fritz Teufel wegen eines angeblichen Steinwurfs verhaftet und musste bis zum Verhandlungsbeginn im November in Untersuchungshaft sitzen. Während der Verhandlung kam er der Aufforderung des Richters, sich zu erheben, mit der Bemerkung nach: „Wenn’s der Wahrheitsfindung dient.“ Dieser Satz sollte zu einem geflügelten Wort werden. Schließlich musste Fritz Teufel am 22. De-zember 1967 freigesprochen werden.
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Während der Demonstration gegen den Staatsbesuch des Schah von Persien am zweiten Juni 1967 wurde Fritz Teufel wegen eines angeblichen Steinwurfs verhaftet und musste bis zum Verhandlungsbeginn im November in Untersuchungshaft sitzen. Während der Verhandlung kam er der Aufforderung des Richters, sich zu erheben, mit der Bemerkung nach: „Wenn’s der Wahrheitsfindung dient.“ Dieser Satz sollte zu einem geflügelten Wort werden. Schließlich musste Fritz Teufel am 22. Dezember 1967 freigesprochen werden.
  
 
Diese und andere spektakulären Aktionen führten zur Selbstentblößung der verunsicherten und panisch reagierenden Autoritäten. Gerade durch diese Aktivitäten, die nicht erst theoretisch vermittelt werden mussten, bot sich die K 1 als Identifikationsobjekt für Jugendliche aus den nicht-akademischen Milieus an.
 
Diese und andere spektakulären Aktionen führten zur Selbstentblößung der verunsicherten und panisch reagierenden Autoritäten. Gerade durch diese Aktivitäten, die nicht erst theoretisch vermittelt werden mussten, bot sich die K 1 als Identifikationsobjekt für Jugendliche aus den nicht-akademischen Milieus an.

Version vom 9. September 2010, 16:45 Uhr

Fritz Teufel ist tot: Was bleibt?

Fritz Teufel (17. Juni 1943 - 6. Juli 2010) – ohne Zweifel eine Figur der Zeitgeschichte – ist tot. Nun ruht er – nicht weit entfernt vom Philosophen der antiautoritären Studentenbewegung Herbert Marcuse, dem Befreier der bürgerlichen Triebstruktur – auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte. Fritz Teufel, prominenter Aktivist der außerparlamentarischen Opposition, in der Marcuses Thesen seinerzeit emphatisch aufgegriffen wurden, dürften diese bekannt gewesen sein.

Teufel kam 1963 ins damalige Westberlin, um ein Studium der Germanistik, Publizistik und Theaterwissenschaften an der Freien Universität zu beginnen. Dieser Hintergrund ist weniger bekannt, als das, was er in den späteren 1960er Jahren noch werden sollte. Bekannter noch sind die vielen Etiketten, die ihm im Lauf der Jahre angehängt worden sind: Kommunarde, Politclown, Anarchist, Spaßguerillero, Alt-68er, bester Radfahrer Berlins...

Prüfen wir Teufels Etiketten auf ihren Realitätsgehalt und betrachten das des „Anarchisten“, so gibt er selbst auf einer Gedenkveranstaltung für Rudi Dutschke im „Libertären Forum Berlin“ am 10. Februar 1989 folgende Antwort:

„Aber es ist eigentlich nicht so, dass der klassische Anarchismus zu der Zeit ’ne große Rolle gespielt hat. Wir waren innerhalb ganz kurzer Zeit Trotzkisten, Maoisten, Anarchisten, Surrealisten, Dadaisten sowieso; manche haben dann auch von Dutschkisten gesprochen (...).“ Diese Selbsteinschätzung scheint auf einen undifferenzierten politischen Anarchismusbegriff hinzuweisen. Diese Begrifflichkeit macht aber dann Sinn, wenn der Zeitbezug beachtet wird. Im antiautoritären Lager, welches damals noch in großen Teilen mit dem der Studentenbewegung übereinstimmte, standen sich zwei miteinander konkurrierende politische Hauptlinien gegenüber. Eine bildete das zunächst einseitig auf das Feld der Hochschulpolitik fixierte Lager, das also nur um die eine oder andere Detailreform kämpfte.

Die andere Fraktion, die so genannten Anarchisten, begannen, die in der hochschulpolitischen und auch ‚allgemein-politischen’ Auseinandersetzung begonnene Praxis der Provokation weiterzuentwickeln. Viel wichtiger aber war, dass diese Gruppierung nun nichts weniger als die „Revolutionierung des bürgerlichen Individuums“ auf die Agenda setzte. Fragen, wie Dieselbe sich konkret gestalten sollte, führten zur Spaltung der ursprünglichen Fraktion. Der radikal-subjektivistische Teil, aus dem am ersten Januar 1967 die Kommune 1 (K 1, mit Fritz Teufel, Rainer Langhans, Dieter Kunzelmann u. A.) hervorging, wollte die kollektive Bearbeitung der psychischen Probleme der Individuen in den Vordergrund gestellt sehen (Das Kommune-Prinzip ist - kurz gesagt - eine gemeinschaftliche Lebensform freiwillig verbundener Menschen mit politisch-emanzipatorischen Anspruch).

Der andere Teil hingegen – darunter auch Rudi Dutschke – sah durch dieses „Psychokonzept“ die Effizienz der politischen Arbeit gefährdet. Jedoch hatte die Kommune-Idee im Frühjahr 1967 auch im „politisch“ orientierten Lager noch ihre Anhänger. Nach dem Beschluss des seinerzeit in der Studentenbewegung politisch federführenden Westberliner SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund), sich von der Vereins- auf die Kommunestruktur umzuorientieren, bildete sich aus den Überresten einer SDS-Kommune im August 1967 die Kommune 2 (K 2).

Bald zeigten sich jedoch soziale Verschleißerscheinungen. Die ungewohnte gemeinschaftliche Lebensform führte zu Selbstüberforderung und persönlichen Problemen, die die politische Arbeit beeinträchtigen. Schließlich brach die inzwischen politisch völlig passive K2 im Juni 1968 endgültig auseinander.

Im Gegensatz dazu erwies sich das anfangs so heftig kritisierte „Psychokonzept“ der K 1 auch politisch als effektiver. Zwar hatte man sich auch hier mit psychischen Stress auseinanderzusetzen, jedoch erlangte die Kommune 1 aufgrund der öffentlichkeitswirksamen Aktionen, vor allem von Fritz Teufel, mit einer enormen Medienresonanz nicht nur relative Beständigkeit, sondern sogar eine gewisse Popularität. Regelmäßig wurden besonders Gerichtsauftritte genutzt und in Happenings gegen staatliche Autoritäten umgemünzt.

Teufel und Andere wurden am fünften April 1967 festgenommen, nachdem sie beim Werfen von Plastikbeuteln beobachtet wurden. Polizei und Presse konstruierten daraus ein Attentat auf den US-Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey, der damals auf Berlinbesuch war. Die weltweite Blamage war groß, als sich die Wurfgeschosse als Puddingpulverbomben entpuppten („Pudding-Attentat“). Die vermeintlichen Attentäter mussten bald darauf wieder freigelassen werden. Während der Demonstration gegen den Staatsbesuch des Schah von Persien am zweiten Juni 1967 wurde Fritz Teufel wegen eines angeblichen Steinwurfs verhaftet und musste bis zum Verhandlungsbeginn im November in Untersuchungshaft sitzen. Während der Verhandlung kam er der Aufforderung des Richters, sich zu erheben, mit der Bemerkung nach: „Wenn’s der Wahrheitsfindung dient.“ Dieser Satz sollte zu einem geflügelten Wort werden. Schließlich musste Fritz Teufel am 22. Dezember 1967 freigesprochen werden.

Diese und andere spektakulären Aktionen führten zur Selbstentblößung der verunsicherten und panisch reagierenden Autoritäten. Gerade durch diese Aktivitäten, die nicht erst theoretisch vermittelt werden mussten, bot sich die K 1 als Identifikationsobjekt für Jugendliche aus den nicht-akademischen Milieus an.

Dem Westberliner SDS hingegen erschien die Praxis der K 1 als zu „subjektivistisch“. Im Mai 1967 wurde eine von Kommunarden verteilte Flugblattserie zum Anlass genommen, die K 1 wegen „Realitätsflucht“ und „Selbstüberschätzung“ auszuschließen.

Zwar waren diese ersten bekannten Kommuneversuche im Nachkriegsdeutschland nicht von Dauer. Jedoch lebt das dahinter stehende Prinzip im unpolitischen Gewande als „Wohngemeinschaft“ bis in die heutigen Tage zehntausendfach fort. Auf diese Weise haben die emanzipatorischen Bestrebungen der Studenten- und Jugendrevolte und besonders der Kreis der Kommunarden um Fritz Teufel, ab Ende der 1960iger Jahre im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen Einzug in die gesellschaftliche Normalität gehalten und damit die soziale Kultur des Landes Nachhaltig verändert. Den heutigen Wohngemeinschaften fehlt aber jeglicher, nach außen gerichteter politischer Inhalt. Dem gegenüber wurde die K 1 weithin als anarchistisches Projekt wahrgenommen. Die Kommunarden empfanden sich als Teil der damals sich weltweit ausbreitenden antiautoritären Jugendrevolte. Entsprechend waren ihre politischen Vorstellungen und ihre unkonventionelle Lebensführung von den Momenten jugendlicher Subkultur geprägt, die von Anfang an Affinitäten zum Anarchismus aufwies. „Meine Aufgabe bei der Kommune 1 war es, im Knast zu sitzen“ bemerkte Fritz einmal und nach der Auflösung der K 1 sollte sich diese ironische Feststellung schicksalhaft fortsetzen.

Während der 1970er Jahre hing Fritz Teufel dem damals aufkommenden Stadtguerillakonzept nach. 1975 wurde er angeklagt, als führendes Mitglied der Bewegung 2. Juni an der Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz mitgewirkt zu haben. Erst nach fünf Jahren Untersuchungshaft fand 1980 die Gerichtsverhandlung statt, in der Teufel erst nach den Plädoyers der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft (die 15 Jahre Haft gefordert hatte) ein Alibi vorlegte. Er konnte nachweisen, dass er zur Tatzeit in einer Essener Fabrik unter falschem Namen gearbeitet hatte. Die späte Präsentation des Alibis begründete er damit, dass er so zeigen könne, „wie ein Angeklagter für definitiv nicht begangene Taten vorverurteilt wurde und wie das ganze System funktionierte“. Eine neue Anklage folgte wegen einiger in Berlin begangener Banküberfälle, bei denen die Räuber an Personal und Kunden der ausgeraubten Banken Schokoküsse verteilt hatten. Teufel gab an, zur Tatzeit in Köln untergetaucht zu sein, wollte aber mögliche Entlastungszeugen nicht nennen, um sie nicht der Gefahr einer Strafverfolgung auszusetzen.

Zwei Jahre Gefängnis brachte ihm das Herstellen von Brandsätzen ein, die in einem Münchner Gericht gefunden worden waren. Die Presse sprach von einem Fehlurteil, da keine Beweise für eine Beteiligung Teufels vorlagen.

Am 19. Februar 1982 erregte er in einer Fernsehsendung Aufsehen als Spaßguerillero, in deren Verlauf er eine Wasserpistole zog und den damaligen Bundesfinanzminister Hans Matthöfer (SPD) mit Zaubertinte nass spritzte.

Später schien es still um ihn geworden zu sein. Er arbeitete als Bäcker in London und als Fahrradkurier in Berlin.

Auf der besagten Gedenkveranstaltung im Jahre 1989 wirkte Fritz Teufel eher bescheiden und hatte nichts von irgendeiner linksradikalen Großspurigkeit. Man spürte, dass er für seine Ideen und seine Taten gelitten hatte. Und irgendwie schien er in dieser Gesellschaft auch angekommen zu sein. Er galt auch als Mitbegründer der TAZ und als Sympathisant der Grünen. 2001 wurde ihm der Wolfgang-Neuss-Preis für Zivilcourage verliehen (Fritz Teufel in seiner Dankesrede: „Radfahrer im autoverseuchten Berlin zu sein, dass hat auch etwas mit Zivilcourage zu tun“). Zuletzt lebte er, der unter einer fortgeschrittenen Parkinsonerkrankung litt, mit seiner Lebensgefährtin Helene Lollo in Berlin-Wedding.

Und nun ruht er – wie schon beschrieben – nicht weit von Herbert Marcuse, aber auch nicht weit von Johannes Rau, dem früheren Bundespräsidenten.

Von „Ruhen“ konnte allerdings bisher keine Rede sein. Sein Grab wurde in der Nacht zum siebten August von Unbekannten geschändet. Die Urne wurde aus der Erde gerissen und gestohlen. Fritz selbst hätte vielleicht ein gewisses Verständnis vom Ansatz her gehabt, wenn diese/r Schänder den Titel des gemeinsam von ihm und Rainer Langhans 1968 veröffentlichten Buches „Klau mich“ wörtlich genommen hätte/n. Sechs Tage nach ihrem Verschwinden ist Fritz’ Urne unbeschädigt wieder aufgetaucht: Auf dem Friedhof der St. Annen-Gemeinde in Berlin-Dahlem. Sie stand in unmittelbarer Nähe des Grabes von Rudi Dutschke. Weggefährten Fritz Teufels halten es für möglich, dass er den Urnendiebstahl noch zu Lebzeiten selbst in Auftrag gegeben hat, um der zu erwartenden traurigen Beerdigungsveranstaltung später einen unterhaltsamen Abschluss zu verleihen.

Rolf Raasch