883 (Berlin, West, 1969)
DadA - Dokumentation, Abteilung: Portal DadA-P
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Haupt-Titel: | 883 |
Untertitel: | Zeitschrift für Agitation und sozialistische Praxis (ab Nr.13 im Impressum); Flugschrift für Agitation und sozialistische Praxis (ab Nr.37-51 im Impressum); Kampfblatt der kommunistischen Rebellen (Nr.63-65); Revolutionäre Aktion (ab Nr.84) |
Abweichende Titel: | achtachtdrei sechsundfünfzig einundfünfzig (Nr.1); Agit 883 56 51 Uhland 52 (ab Nr.2); Agit 883 Kreuzberg Adalbertstr 21 (ab Nr.58); Agit 883 Kreuzberg (ab Nr.60-63); Neue 883 (Nr.1 [66]); 883 (ab Nr.68) |
Einzel-Titel: | Silvio Gesell - der Marx der Anarchisten. 24 S. (Nr.90) |
Motto: | - |
Erstes Erscheinen: | 1969 |
Letztes Erscheinen: | 1998 |
Ort: | Berlin, West |
Land: | Deutschland, Bundesrepublik |
Sprache: | deutsch |
Erscheinungsweise: | wöchentlich; vierzehntägig; unregelmäßig |
Auflagenhöhe: | 4000 - 7000, zeitweise knapp über 10.000 |
Typographie: | Offset |
Format: | DIN A3 |
HerausgeberIn(nen): | Redaktionskollektiv 883 |
Redaktion: | Andreas Hansen, Bert Papenfuß, Stefan Ret, Hugo Velarde |
Anschrift: | BasisDruck-Verlag GmbH Schliemannstr. 23 D-10437 Berlin |
Telefon: | 030/4457680 |
Telefax: | 030/4459599 |
eMail: | basisdruck@onlinehome.de |
Homepage: | http://www.basisdruck.de/gegner/ |
Vertrieb/Auslieferung: | Selbstauslieferung (s. Anschrift oben) |
Preis: | Einzelnummer: 5,00 EURO. Jahresabonnement: 35,00 EURO (inkl. Porto). |
ISSN: | 1432-2641 |
ZDB-Ident.: | 543878 |
Vorgänger: | SKLAVEN / SKLAVEN AUFSTAND. |
Aktuelle Ausgabe
Titel Jg. (Jahr), Heft
Inhaltsverzeichnis
Zum Inhalt
Zur Zeit der neu aufkommenden Anarchobewegung war diese Zeitschrift typisch für die APO-Anarcho-Blätter. Sie wurde häufig verfolgt und beschlagnahmt. Der Vertrieb lief insbesondere über den Verkauf in Kneipen und auf der Straße. Zunächst wurden überwiegend Kleinanzeigen veröffentlicht (daher auch Telefonnummer und Adresse - von Dirk Schneider - als Titel; nach anderen Angaben wurde die Telefonnummer benutzt, weil man sich auf keinen Titel einigen konnte), die dann aber immer mehr durch Berichte und Termine aus dem "täglichen Kampf" verdrängt wurden. Die Zeitschrift war militant orientiert und bediente sich der damals üblichen "Apo-Sprache", die sehr stark von der marxistischen Terminologie geprägt war. Die politische Ausrichtung unterlag häufigen Richtungsänderungen, sie war jedoch zunächst insbesondere marxistisch-maoistisch bestimmt.
Eine stärkere Hinwendung zu anarchistischen Themen (z.B. Kronstadt, Bakunin), ist erst im späteren Verlauf zu verzeichnen, aber selbst dann hat man sich nicht ausdrücklich als anarchistisch verstanden. Das Verhältnis der Zeitungsmacher zum Anarchismus kommt in einer Stellungnahme zur Beschlagnahmung der Zeitschrift in Nr. 65, S.2 so zum Ausdruck: "...Die Konterrevolution bekämpft nicht den 'Anarchismus' (den es erklärtermaßen nicht gibt, es gibt keine Gruppe, die sich Anarchisten nennt, es gibt nur Gruppen, die Anarchisten genannt werden), sondern sie wird alles zum Anarchismus erklären, wenn es darum geht, das revolutionäre Lager zu verfolgen und zu zerschlagen. Die Verbrechen, die uns die Konterrevolution vorwirft, sind unsere Identität." Ab der Nr.1 (66) wurde der Kurs der Zeitschrift von Bernd Kramer (vom anarchistischen Karin Kramer Verlag) und Hansjörg Viesel bestimmt, so daß verstärkt anarchistische Positionen vertreten wurden. Im Zusammenhang mit Verfolgung und Verbot heißt es in Nr. 85, S.2: "...werden die politische Linie fortführen, wie sie in den Spalten der letzten 14 Nummern ihren Ausdruck fanden: Propagierung der Selbstorganisation in allen gesellschaftlichen Bereichen, Abgrenzung gegenüber den überheblichen und selbstherrlichen rein studentischen Parteiansätzen, sowie Diskussion und Kommunikation mit allen antiautoritären und sozialistischen Gruppen in der BRD und Westberlin; unversöhnlicher Kampf gegen den Staatsapparat und alle Organe der Bourgeoisie." Es bestand die Absicht, "...propagierte Begriffe konkreter zu definieren: (z.B.: Selbstorganisation, oder die Vorstellung von einer Synthese zwischen Anarchismus und Marxismus als 'Anarcho-Marxismus'.)"
Um sich im Zusammenhang mit der Verfolgung auf die Pressefreiheit berufen zu können, wurde beschlossen, die "Flucht in die Legalität" anzutreten und ab Nr.85 regelmäßig ein Impressum abzudrucken: " 883 Redaktion im Sozialistischen Zentrum. 883 ist eine Zeitung der revolutionären Linken. 883 unterstützt die Selbstorganisation der Arbeiter, Schüler und Studenten, die gegen den Staat, das Lohnsystem und die Bürokratie kämpfen. 883 bekämpft die Parteien und Gewerkschaften, die Hindernisse auf dem Weg der Selbstbefreiung sind. Verantwortlicher Redakteur Thomas Knauf. Motto: Die Befreiung der Arbeiter kann nur das Werk der Arbeiter selbst sein."
Der politische Schwerpunkt lag ab etwa Nr.50 auf der Solidarisierung mit allen politischen Gefangenen und der RAF (in Nr.80 wurde der RAF-Text: "Das Konzept Stadtguerilla" abgedruckt).
Auf der Anarcho-Konferenz in Sievershausen von 28.-30.1.1971 wurde diskutiert, daß der Versuch gemacht werden sollte, "Zeitungen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene herzustellen. Agit 883 könnte dabei die Funktion eines Zentralorgans übernehmen." (Protokoll. - In: anarcho-info (1971), Nr.6, S.3) Die 883 wurde vor allem wegen ihrer großen Verbreitung ins Auge gefaßt. Da die Zeitschrift zu diesem Zeitpunkt aber sowieso nur noch mit Mühe am Leben gehalten werden konnte, kam dieses Vorhaben nicht mehr zur Ausführung. Weil nach einer Rebellion der "Handarbeiter" gegen die "Kopfarbeiter" ( Kramer und Viesel) letztere die Zeitschrift nicht mehr im Handverkauf anbieten wollten oder konnten, ging sie 1972 ein. Die "Handarbeiter" trauten sich nicht zu, die 883 ohne die "Kopfarbeiter" weiterzumachen. Daraufhin gründete Klaus Schmitt mit einem halben Dutzend anderen Genossen den "Berliner Anzünder". Peter Paul Zahl wurde schon vorher aus der Redaktion gedrängt, wegen seiner Befürwortung der Stadtguerilla. Er gründete daraufhin die Zeitschrift "Fizz". (Zum Ende der 883 nach Angaben von Klaus Schmitt.)
Allerdings erschienen 1973 in verschiedenen Städten (Hannover, Bremen, Mainz) noch einige Ausgaben unter dem Titel 883.
Nach der Einstellung der Agit 883 setzten einige Mitarbeiter ihre politische Arbeit in anderen anarchistischen bzw. links-radikalen Zeitschriften fort. So war z.B. Dirk Schneider auch maßgeblich an der Herausgabe der Berliner "radikal" beteiligt. Er war von 1983 bis 1985 der erste Berliner Grüne im Bundestag, mehrere Jahre Sprecher der Alternativen Liste (AL) in West-Berlin und wechselte im Juli 1990 zur PDS. Als Krönung seiner politischen Laufbahn wurde er allerdings im Oktober 1991 von ehemaligen DDR-Oppositionellen als langjähriger STASI-Spitzel enttarnt (s. Der Spiegel (1991), Nr.46, S.80-85).
Als Reminiszenzen an die bis 1972 mit 88 Ausgaben herausgegebenen Agit 883 erschienen 1981 die Nr.89 (März/Apr.), 1983 die Nr.90 (Silvio Gesell - der Marx der Anarchisten, in der zweiten Auflage findet sich auf S.9 ein Zitat Gesells gegen die Antisemiten) und 1998 die Nr.9