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(Ricardo Flores Magón(1873-1922))
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Mexikanischer Politiker, Journalist und Schriftsteller. Magón war ein führender Theoretiker und Aktivist, der die revolutionäre mexikanische Bewegung radikal beeinflusste. Orientiert an anarchistischen Idealen und den Erfahrungen seiner indianischen Vorfahren bei der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung des Gemeindelandes, machte er die Forderung „Land und Freiheit“ („Tierra y Libertad“) populär. Besonders Pancho Villa und Emiliano Zapata griffen diese Forderung auf. Er verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Gefängnissen und im Exil und wurde 1918 in den USA wegen „Behinderung der Kriegsanstrengungen“ zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt. Dort starb er und die Todesursache blieb ungeklärt.  
 
Mexikanischer Politiker, Journalist und Schriftsteller. Magón war ein führender Theoretiker und Aktivist, der die revolutionäre mexikanische Bewegung radikal beeinflusste. Orientiert an anarchistischen Idealen und den Erfahrungen seiner indianischen Vorfahren bei der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung des Gemeindelandes, machte er die Forderung „Land und Freiheit“ („Tierra y Libertad“) populär. Besonders Pancho Villa und Emiliano Zapata griffen diese Forderung auf. Er verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Gefängnissen und im Exil und wurde 1918 in den USA wegen „Behinderung der Kriegsanstrengungen“ zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt. Dort starb er und die Todesursache blieb ungeklärt.  
 
Es existieren drei Versionen über die Todesursache: Die Erste (offizielle) nennt als Todesursache einen Herzinfarkt; die Zweite, vertreten von seinem Genossen und Freund Librado Rivera, behauptet, dass er erhängt wurde. Die Dritte sagt, er sei durch Gefängniswärter zu Tode geprügelt worden.
 
Es existieren drei Versionen über die Todesursache: Die Erste (offizielle) nennt als Todesursache einen Herzinfarkt; die Zweite, vertreten von seinem Genossen und Freund Librado Rivera, behauptet, dass er erhängt wurde. Die Dritte sagt, er sei durch Gefängniswärter zu Tode geprügelt worden.
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'''Die Brüder Flores Magón'''
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"Die Bevölkerung schwimmt in Pulque, die Glocken läuten, Raketen knallen, und im Blitzen des Feuerwerks blitzen auch die Messer auf. Die Massen wälzen sich in die Alameda und in andere verbotene, für Damen im Korsett und Männer im Cutaway reservierte Straßen. Sie tragen die geflügelte Jungfrau; die gewährt ihnen von ihrem lichterglänzenden schwankenden Schiff herab Schutz.
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Heute ist der Tag der Madonna von den Engeln, der in Mexiko eine festliche Woche lang andauert, und am Rande der überschäumenden Volksbelustigung entsteht eine neue Zeitung, als wolle sie auf ihrer Höhe sein. Die Zeitung heißt Regeneration und übernimmt den Eifer und die Schulden ihrer von der Diktatur geschlossenen Vorgängerin, des Demokraten. Geschrieben, herausgegeben und verkauft wird sie von Jesus, Ricardo und Enrique Flores Magón.
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Die Brüder Flores Magón wachsen mit jeder Heimsuchung. Seit dem Tod ihres Vaters sitzen sie abwechselnd im Gefängnis, studieren Jura, erledigen Gelegenheitsjobs und betreiben kämpferischen Journalismus. Oder sie werfen auf Demonstrationen Steine gegen Kugeln.
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- Alles gehört allen, hatte ihr Vater, der Indio Teodoro Flores, mit seinem kantigen Gesicht unter den Sternen gepredigt. Und dazu hatte er tausendmal gefordert: - Sagt’s nach!" 
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Roeder, Ralph, Hacia el México Moderno: Porfirio Díaz, México, FCE, 1973. In: Galeano, Eduardo: Erinnerung an das Feuer. Bd. 2, S. 323, Wuppertal 2004
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'''Historischer Hintergrund:'''
 
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Version vom 20. Januar 2010, 21:04 Uhr

Ja In Arbeit

Ricardo Flores Magón(1873-1922)

Geboren am 16. September 1873, in San Antonio Eloxochitlán, Oaxaca, Mexiko. Gestorben am 21. November 1922 im Gefängnis von Leavenworth, Kansas, Vereinigte Staaten von Amerika.

Mexikanischer Politiker, Journalist und Schriftsteller. Magón war ein führender Theoretiker und Aktivist, der die revolutionäre mexikanische Bewegung radikal beeinflusste. Orientiert an anarchistischen Idealen und den Erfahrungen seiner indianischen Vorfahren bei der gemeinschaftlichen Bewirtschaftung des Gemeindelandes, machte er die Forderung „Land und Freiheit“ („Tierra y Libertad“) populär. Besonders Pancho Villa und Emiliano Zapata griffen diese Forderung auf. Er verbrachte die meiste Zeit seines Lebens in Gefängnissen und im Exil und wurde 1918 in den USA wegen „Behinderung der Kriegsanstrengungen“ zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt. Dort starb er und die Todesursache blieb ungeklärt. Es existieren drei Versionen über die Todesursache: Die Erste (offizielle) nennt als Todesursache einen Herzinfarkt; die Zweite, vertreten von seinem Genossen und Freund Librado Rivera, behauptet, dass er erhängt wurde. Die Dritte sagt, er sei durch Gefängniswärter zu Tode geprügelt worden.


Die Brüder Flores Magón

"Die Bevölkerung schwimmt in Pulque, die Glocken läuten, Raketen knallen, und im Blitzen des Feuerwerks blitzen auch die Messer auf. Die Massen wälzen sich in die Alameda und in andere verbotene, für Damen im Korsett und Männer im Cutaway reservierte Straßen. Sie tragen die geflügelte Jungfrau; die gewährt ihnen von ihrem lichterglänzenden schwankenden Schiff herab Schutz. Heute ist der Tag der Madonna von den Engeln, der in Mexiko eine festliche Woche lang andauert, und am Rande der überschäumenden Volksbelustigung entsteht eine neue Zeitung, als wolle sie auf ihrer Höhe sein. Die Zeitung heißt Regeneration und übernimmt den Eifer und die Schulden ihrer von der Diktatur geschlossenen Vorgängerin, des Demokraten. Geschrieben, herausgegeben und verkauft wird sie von Jesus, Ricardo und Enrique Flores Magón. Die Brüder Flores Magón wachsen mit jeder Heimsuchung. Seit dem Tod ihres Vaters sitzen sie abwechselnd im Gefängnis, studieren Jura, erledigen Gelegenheitsjobs und betreiben kämpferischen Journalismus. Oder sie werfen auf Demonstrationen Steine gegen Kugeln. - Alles gehört allen, hatte ihr Vater, der Indio Teodoro Flores, mit seinem kantigen Gesicht unter den Sternen gepredigt. Und dazu hatte er tausendmal gefordert: - Sagt’s nach!"

Roeder, Ralph, Hacia el México Moderno: Porfirio Díaz, México, FCE, 1973. In: Galeano, Eduardo: Erinnerung an das Feuer. Bd. 2, S. 323, Wuppertal 2004


Historischer Hintergrund:

Anfang des 20. Jahrhunderts konnten auch sozialistische und anarchistische Ideen in Mexiko Fuß fassen. Zugleich mehrten sich im liberal-bürgerlichen Lager die Stimmen, die auf eine Ablösung des Regimes des Präsidenten Porfirio Díaz drängten: Treibende Kraft waren die Brüder Ricardo und Jesús Flores Magón , die auch Mitbegründer der Oppositionszeitung „Regeneración“ („Erneuerung“) waren und später ein Blatt namens „El Hijo del Ahuizote“ herausgaben, in der die führenden Regierungspolitiker lächerlich gemacht wurden. Im Februar 1901 fand der erste liberale Kongress statt. Die Teilnehmer forderten eine Rückkehr zur Reformpolitik der 1850er Jahre und planten, einen „echten“ Liberalen als nächsten Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Die liberalen Klubs, die sich bildeten, wurden jedoch verboten und ihre Mitglieder verhaftet. In der Folgezeit spaltete sich ein radikaler Flügel unter Ricardo Flores Magón ab, der sich zunehmend anarchistischen Ideen öffnete. Mit Gleichgesinnten gründete er im September 1906 die PLM („Partido Liberal de México“ – „Liberale Partei Mexikos“), in deren Programm sich Forderungen breiter Bevölkerungskreise wiederfanden. Seit ihrer Gründung kämpfte die PLM für die Beseitigung des Díaz-Regimes mit radikalen öffentlichkeitswirksamen Flugblättern, Plakaten und Schriften. Die dadurch mit ausgelösten Unruhen zogen Verhaftungswellen nach sich, auf die wiederum eine Reihe militanter Auseinandersetzungen und Aufstände folgte. In den blutig niedergeschlagenen Streiks in der Textil- und Bergbauindustrie im Norden Mexikos (1906-1907) spielte diese Strömung eine nicht unerhebliche Rolle.

Im Bundesstaat Baja California formierte sich unter der Führung von Ricardo Flores Magón eine allgemeine Volkserhebung, die zur zeitweiligen Besetzung der Landeshauptstadt Mexicali führte. Von dort rief Magón am 30. Januar 1911 die „Sozialistische Republik Baja California“ aus, musste aber kurze Zeit später in die USA fliehen.

Im Exil lernte er u.a. Emma Goldman kennen. Neben der zapatistischen Bewegung in Chiapas beziehen sich heute u.a. der „Indigene Volksrat von Oaxaca - Ricardo Flores Magon“ CIPO-RFM und die "Union der Indigenen Gemeinden der Nordzone des Isthmus" UCIZONI auf das magonistische Denken.

Während der jahrzehntelangen Herrschaft der PRI musste der Name Magón zu Herrschaftslegitimation der „institutionalisierten Revolution“ herhalten. In vielen Städten Mexikos gibt es Straßennamen und Kulturzentren, die nach ihm benannt wurden

Literatur:

  • Flores Magón, Ricardo: Tierra y Libertad. Klassiker der Sozialrevolte 11, Unrast-Verlag, Münster 2005
  • Flores Magón, Ricardo; Poole, David; Schmück, Jochen: Die Mexikanische Revolution 1910-1920, anarchistische texte Nr. 20. Libertad Verlag, Berlin (West) 1980
  • Flores Magón, Ricardo; Guerrero, Práxedis; Sarabia, Juan; Flores Magón, Enrique; Rivera, Libardo y otros: Regeneración 1900-1918. La corriente más radical de la Revolución Mexicana de 1910 a través de su periódico de combate. Colección Problemas de México, Ediciones Era, 15. Aufl. 1991, Mexiko-Stadt


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Autor: Rolf Raasch

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