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| Buchcover: || [[Bild:978-3-89771-455-7.jpg|250px]]
 
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| Autor/en: || Werner Portmann
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| Autor/en: || Dr. Wolf Kalz
 
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| Titel: || '''Die wilden Schafe'''
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| Titel: || '''Gustav Landauer'''
 
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| Untertitel: || Zwei radikale, jüdische Existenzen.
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| Untertitel: ||Ein deutscher Anarchist
 
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| Editorial: || Vorwort von Siegbert Wolf.
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| Editorial: || Die Originalausgabe errschien 1967 unter dem Titel "GUustav Landauer. Kultursozialist und Anarchist" als Band 6 der Schriften zur politischen Wissenschaft im Verlag Anton Hain, Meisenheim am Glan.
 
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| Verlag: || [[UNRAST-Verlag]]
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| Verlag: || Federsee-Verlag
 
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| Erscheinungsort: || Münster
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| Erscheinungsort: || Bad Buchau
 
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| Erscheinungsjahr: || 2008
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| Erscheinungsjahr: || 2009
 
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| Umfang, Aufmachung: || Originalverölffentlichung. Broschur. 163 Seiten, 6 Abb.  
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| Umfang, Aufmachung: || 2., verb. Aufl. (März 2009). Broschiert: 268 Seiten.  
 
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| ISBN: || (ISBN-13:) 978-3-89771-455-7
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| ISBN: || (ISBN-13:) 978-3925171-84-0
 
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| Preis: || 14,00 EUR
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| Preis: || 15,00 EUR
 
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==Beschreibung==
 
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Der Schweizer Publizist und Sozialhistoriker Werner Portmann will mit seinem Buch „Die wilden Schafe“ an zwei fast vergessene radikale jüdische Aktivisten und Theoretiker erinnern: Die Brüder Siegfried Shlomo Nacht, später Stephen Naft (1878-1956) und Max(imilian) Nacht, später Max Nomad (1881-1973). Sie entstammten einer wohlhabenden Familie aus dem ostgalizischen Buczacz und hatten in Galizien, in der Schweiz, in Frankreich, England und den USA ihre Hauptwirkungsfelder hatten. Mit dem vorliegenden Buch wird dokumentiert, wie entscheidend das jüdische Herkunftsmilieu und das jüdische soziale Umfeld ihr Leben und Wirken geprägt hat. Gemeinsam mit Emma Goldman, Milly Witkop-Rocker und anderen gehörten sie zur ersten Generation jüdischer AnarchistInnen, die für die produktive Begegnung zwischen Judentum und Anarchismus in Osteuropa verantwortlich zeichnet und diese Verbindung zwischen jüdischer Tradition und libertärer Utopie infolge millionenfacher Emigration nach Westeuropa, Palästina, Lateinamerika und in die USA transportiert hat. Ihre Texte, teilweise unter Pseudonym geschrieben, sind Bestandteil eines radikalen, gesellschaftskritischen Diskurses geblieben, der sich gegen jede Art von Herrschaft und Totalitarismus wendet. Der Diskurs, der anhand ihrer Schriften, z.B. über Formen der ‚Direkten Aktion‘, geführt wurde und wird, findet aber ohne Kenntnis der eigentlichen Geschichte und der biographischen Hintergründe der Verfasser statt. Denn bis heute sind ihre spannenden Lebensgeschichten nicht aufgearbeitet worden.  
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Die 1967 veröffentlichte Dissertation von Wolf Kalz gehört zu den mit Abstand kenntnisreichsten Studien über Leben und Werk des freiheitlichen Sozialisten und Anarchisten Gustav Landauer (1870-1919). Als Kalz seine Arbeit am Vorabend der 1968er Revolte veröffentlichte, waren die Schriften und Ideen Gustav Landauers in Deutschland nur noch einem kleinen Kreis von Alt-Anarchisten bekannt, die das III. Reich und den 2. Weltkrieg überlebt hatten. Kalz selbst betrat damals mit seiner Arbeit "Neuland", da bis dahin noch keine explizite Studie zum politischen Werk Gustav Landauers erschienen war.  
  
Portmann dokumentiert in seinem Buch, wie Siegfried Nacht im deutschen Sprachraum einen wesentlichen Beitrag leistete zur Bekanntmachung und Verbreitung des revolutionären Syndikalismus, inspiriert von der spanischen und französischen syndikalistischen ArbeiterInnenbewegung. Ebenso wird die damit verbundene antimilitaristische Propaganda in verschiedenen Ländern untersucht. Dabei thematisiert der Autor die Freundschaft von Siegfried Nacht mit Rudolf Rocker und dessen Einfluss auf ihn. Ebenso seine Rolle im Leben und Werk von Max Nettlau, dem er - wie auch sein Bruder Max - wichtige existentielle Hilfe leistete. Daneben wird Max Nachts Mitwirken bei der Verbreitung anarchistischer Ideen in Galizien und seine zeitweilige Arbeit im russischen Untergrund beleuchtet. Weiter geht  das Buch auf den von Max Nacht in späten Jahren entwickelten ''skeptischen Anarchismus'' ein, der sich an die Ideen des libertären polnisch-russischen Revolutionärs Jan Waclav Makhaïski anlehnte. Und man kann Siegbert Wolf nur zustimmen  zu seiner im Vorwort vorgenommenen Einschätzung, dass der ''skeptische Anarchismus'' von Max Nacht ein wichtiger Diskussionsbeitrag für alle diejenigen sein kann, für die es keine "heiligen Kühe" der Kritik und Selbstkritik gibt. Max Nachts bisweilen sehr polemische Beurteilung des Anarchismus, gehört trotz aller Überzeichnungen bis heute zum Besten, Ehrlichsten und Radikalsten, was aus libertärer Sich ''gegen'' den Anarchismus geschrieben wurde und zeugt von einer gewissen Hassliebe von einem, der sich längst nicht mehr als Anarchist verstand, aber im Innersten nie die Hoffnung auf eine herrschaftslose Gesellschaft aufgegeben hat.
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Seit dem Erscheinen seiner Studie vor über vierzig Jahren hat erfreulicherweise gerade die Landauer-Forschung in Deutschland an Konturen und Tiefe gewonnen. Stellvertretend sei hier nur auf die Arbeiten von Siegbert Wolf und Michael Matzigkeit verwiesen. Es bleibt jedoch das Verdienst von Wolf Kalz die Ideen Gustav Landauers in der Umbruchzeit der 68er Revolte wieder in die gesellschaftspolitische Diskussion eingebracht zu haben.
  
Das Buch ist nicht zuletzt ein Versuch, sich den Beiden anhand ihrer jüdischen Identität oder Nicht-Identität zu nähern. Zweier Juden ohne Gott, die sich immer als Assimilisten betrachtet haben, die auf und in die jüdische Kultur keine große Hoffnung mehr setzten und trotzdem lebenslang im Disput mit dieser Kultur und ihren ExponentInnen standen und nie aufhörten, sich in ihrem Umfeld zu bewegen.
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Noch bevor die Neue Linke sich institutionell begründet hatte, um den Marsch durch die Institutionen und die Parteien der Bundesrepublik anzutreten, äußerte sich Kalz 1967 im Vorwort seiner Erstveröffentlich skeptisch hinsichtlich der Bereitschaft der zeitgenössischen Linken, sich einem freiheitlichen Kultursozialismus zu öffnen, wie ihn Landauer vertreten hat:
  
Als Triebfeder ihres Protestes wirkte bei Max und Siegfried Nacht das Gefühl der Empathie und das Bedürfnis, anderen zu helfen, auch hier wieder ein deutlicher Bezug zu ihrer Herkunftskultur und deren sozialen Werten. Die gesellschaftliche Verantwortung für das Wohlergehen und Lebensglück des Mitmenschen ist, ebenso wie auch bei anderen jüdischen AnarchistInnen, begründet in den lebensweltlichen Erfahrungen ihrer Abkunft, die sie gewissermaßen übertrugen in die anarchistische Sozialutopie. Die Brüder Max und Siegfried Nacht gingen dabei den Weg vieler RevolutionärInnen – nicht nur des des 20. Jahrhunderts: Angefangen vom radikalen, enthusiastischen Aufbruch und Optimismus der Jugendzeit hin zu einer abgeklärten gemäßigteren Haltung im Alter. Doch auch wenn sie der revolutionären anarchistischen Perspektiven im Alter keinen Sinn mehr abzugewinnen vermochten, so sind sie Sympathisanten der Anarchie geblieben und haben uns ihre Sehnsucht vererbt nach Freiheit, Gleichheit und dem Glück aller Menschen.
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''"Das Kriterium dafür, ob Landauers Gedanken eine Untersuchung lohnen, kann deshalb nicht die Anzahl seiner Anhänger oder die Wirkung seiner Werke sein, sondern allein die durchaus positiv gemeinte Frage: Was hat Gustav Landauer zur Abrundung und Weiterentwicklung eines menschenmöglichen und menschenwürdigen Sozialismus beigetragen? - Denn es ist keineswegs ausgemachte Sache, ob die Arbeit der sich gegenwärtig als sozial oder sozialistisch deklarierenden Parteien und Verbände in ihrer Wirkung auf die Gesellschaft tatsächlich 'sozial' ist, und ob nicht vielmehr weite Bereiche des Lebens dieser Gesellschaft mehr oder weniger bewußt vernachlässigt werden, oder aus Unvermögen, eine cum grano salis zu verstehende geistige Konzeption aufzustellen, brachliegen."''
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Vier Jahrzehnte später hat der Autor die Latte seiner Erwartungen noch niedriger gelegt. Im Vorwort zur vorliegenden Neuauflage seines Buches charakterisiert Kalz den Wert der libertären Ideen Landauers wie folgt:
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''"Es fragt sich, ob das in seine Neuauflage gehende Buch über Gustav Landauers Anarchismus und Kultursozialismus irgend Förderliches zur Lösung der anstehenden Fragen und der Fülle der aktuell zutage liegenden Absurditäten beizutragen hat. Aber entscheidend für den Wert auch einer anarchistischen Utopie wie derjenigen Landauers, (...) ist nicht ihre unmittelbare praktische Anwendbarkeit, sondern daß sich immer wieder Einzelne finden, die es, wie Landauer sagt, nicht mehr aushalten können in ihrer Zeit und die, wenn auch stets als Geschlagene, dennoch versuchen, die Menschen zu einem erfüllten, einem wahren Leben zu verführen, kurz das Leben einander nicht zur Hölle zu machen."''
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Es bleibt zu hoffen, dass die Arbeit von Kalz auch heute wieder ihre Leser und Leserinnen findet und diese zur Lektüre von Landauers Originalschriften und zu einer zeitgenössischen Auseinandersetzung mit seinen Ideen anregt.
  
 
''Jochen Schmück''
 
''Jochen Schmück''
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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'''VORWORT zur Neuauflage''' (7)
Vorwort von Siegbert Wolf
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Danksagung
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'''VORWORT zur Erstauflage''' (12)
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'''EINLEITUNG: Das Leben Gustav Landauers und seine Entwicklung zum Anarchisten''' (15)
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'''ERSTER ABSCHNITT: Die soziale Ordnung des Landauerschen Sozialismus'''
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1. Die Gemeindeverfassung und die Sozialistische Siedlung (39)
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2. Boden, Eigentum und allgemeine Wirtschaftstheorie (53)
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3. Der Wirtschaftsprozeß (62)
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'''ZWEITER ABSCHNITT: Landauers Auseinandersetzung mit den politischen Mächten seiner Zeit'''
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I. Marxismus und Landauers Sozialismus (75)
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II. Der Kapitalismus, der Staat und Landauers Sozialismus
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1. Landauers Kapitalismus-Kritik (84)
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2. Landauers Staats-Kritik (89)
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3. Der Sozialistische Bund - Wegbereiter der sozialen Revolution (93)
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4. Landauers Theorie der Revolution (99)
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'''DRITTER ABSCHNITT: Landauers politische Theorie unter dem Einfluß der Revolution 1918/19'''
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1. Die Idee des Föderalismus (109)
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2. Die sozialistische Wirtschaft in der Übergangsphase der Revolution (118)
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3. Die Erziehung des Menschen zum Sozialismus ....  (122)
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'''VIERTER ABSCHNITT: Die Revolution'''
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Landauer als Politiker während der Münchener Revolution (127)
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'''FÜNFTER ABSCHNITT: Das Selbstverständnis des Landauerschen Sozialismus'''
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1. Landauers Auseinandersetzung mit dem Anarchismus (157)
 +
 
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2. Über das Fehlen einer anarchistischen Partei und Theorie in Landauers Sozialismus (167)
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3. Begriff und Ziel des Landauerschen Sozialismus und der Weg zu seiner Verwirklichung (174)
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4. Individuum und Gemeinschaft in Landauers Sozialismus (181)
 +
 
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'''SECHSTER ABSCHNITT: Ergebnisse'''
 +
 
 +
1. Die Originalität der Lehre Landauers (189)
 +
 
 +
2. Kritik und Würdigung  (213)
 +
 
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'''ANHANG''':
  
* Die wilden Schafe
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* "Leitsätze der Politik" (235)
* Jugend zwischen altem und neuem Glauben
+
* Die Zwölf Artikel des Sozialistischen Bundes (1908) - (236)
* Der Doktor aus Wien
+
* Die Zwölf Artikel des Sozialistischen Bundes (1912)  - (238)
* Der rote Doktor
+
* BIBLIOGRAPHIE  (242)
* Wie der Sozialismus ins Schtetl kam
+
* NAMENSREGISTER (266)
* Kindheit sozialistischer Rebellen
 
* Der Buczaczer Arbeiterbildungsverein
 
* Wiener Studienjahre
 
* Wie der Anarchismus nach Buczacz kam
 
* Kampf der Sozialismen im Schtetl
 
* Berliner Luft und Pariser Erleuchtung
 
* Die Londoner Generalstreik-Verkünder
 
* Umschau nach neuen Welten
 
* Ein vermeintlicher Königsmeuchler auf Nordafrikareise
 
* Die beschlagnahmte Freie Welt und die erzwungene Vagabondage
 
* Der Weckruf
 
* Amsterdam, Paris, Zürich - Prag oder Das Leben eines Wanderredakteurs
 
* Zürich in Aufruhr
 
* Herumschweifende Rebellen oder Nowhere at home
 
* Neue Ideologien oder Wer ist der Radikalste im Land?
 
* Gewaltige Worte
 
* Freund und Feind
 
* (Bildseiten)
 
* Vom revolutionären Syndikalismus zum Anarchosyndikalismus
 
* Die Wege trennen sich
 
* Die Spitzelaffäre oder Arrivederci Roma
 
* Over the sea
 
* Von Rocker und Roller
 
* Nomade der Gedanken
 
* Lebensabend im neuen Anarchismus
 
* Epilog oder Das Judentum von Zweien
 
  
'''Anhang'''
 
* Abkürzungen
 
* Bibliographie I
 
* Bibliographie II
 
* Literaturverzeichnis
 
* Personenregister
 
</poem>
 
  
 
==Über den Autor==
 
==Über den Autor==
'''[[Benutzer:Portmann_W|Werner Portmann]]'''
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'''Dr. Wolf Kalz''', geboren 1933 in Halberstadt, ist Historiker, Germanist und Politikwissenschaftler. Buchpublikationen: „Gustav Landauer, Anarchist und Kultursozialist“ (1967), „Die Ideologie des ‚deutschen Sonderwegs’“ (2004), „Die politische Elite und der Staat“ (2004), „Ein deutsches Requiem“ (2006), „Studie und Gestalt“. Eine Werkbiographie (2006), „Die Gesichte der Kassandra“ (2008), „Gustav Landauer, Ein deutscher Anarchist“ (2009).  
Werner Portmann, geb. 1958, Publizist, lebt in Zürich. Mitarbeit an verschiedenen Büchern zum Thema Anarchismus. Diverse Publikationen zur ArbeiterInnenbewegung und Filmgeschichte, u.a. Texte zu Carl Einstein, Oskar Maria Graf, Luigi Luccheni und Heiner Koechlin.  
 
  
 
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'''[[DadA-Buchempfehlung|Die DadA-Buchempfehlung]]'''
 
'''[[DadA-Buchempfehlung|Die DadA-Buchempfehlung]]'''
 
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Version vom 4. Juni 2009, 10:59 Uhr

Die DadA-Buchempfehlung

Buchcover: 978-3-89771-455-7.jpg
Autor/en: Dr. Wolf Kalz
Titel: Gustav Landauer
Untertitel: Ein deutscher Anarchist
Editorial: Die Originalausgabe errschien 1967 unter dem Titel "GUustav Landauer. Kultursozialist und Anarchist" als Band 6 der Schriften zur politischen Wissenschaft im Verlag Anton Hain, Meisenheim am Glan.
Verlag: Federsee-Verlag
Erscheinungsort: Bad Buchau
Erscheinungsjahr: 2009
Umfang, Aufmachung: 2., verb. Aufl. (März 2009). Broschiert: 268 Seiten.
ISBN: (ISBN-13:) 978-3925171-84-0
Preis: 15,00 EUR

Beschreibung

Die 1967 veröffentlichte Dissertation von Wolf Kalz gehört zu den mit Abstand kenntnisreichsten Studien über Leben und Werk des freiheitlichen Sozialisten und Anarchisten Gustav Landauer (1870-1919). Als Kalz seine Arbeit am Vorabend der 1968er Revolte veröffentlichte, waren die Schriften und Ideen Gustav Landauers in Deutschland nur noch einem kleinen Kreis von Alt-Anarchisten bekannt, die das III. Reich und den 2. Weltkrieg überlebt hatten. Kalz selbst betrat damals mit seiner Arbeit "Neuland", da bis dahin noch keine explizite Studie zum politischen Werk Gustav Landauers erschienen war.

Seit dem Erscheinen seiner Studie vor über vierzig Jahren hat erfreulicherweise gerade die Landauer-Forschung in Deutschland an Konturen und Tiefe gewonnen. Stellvertretend sei hier nur auf die Arbeiten von Siegbert Wolf und Michael Matzigkeit verwiesen. Es bleibt jedoch das Verdienst von Wolf Kalz die Ideen Gustav Landauers in der Umbruchzeit der 68er Revolte wieder in die gesellschaftspolitische Diskussion eingebracht zu haben.

Noch bevor die Neue Linke sich institutionell begründet hatte, um den Marsch durch die Institutionen und die Parteien der Bundesrepublik anzutreten, äußerte sich Kalz 1967 im Vorwort seiner Erstveröffentlich skeptisch hinsichtlich der Bereitschaft der zeitgenössischen Linken, sich einem freiheitlichen Kultursozialismus zu öffnen, wie ihn Landauer vertreten hat:

"Das Kriterium dafür, ob Landauers Gedanken eine Untersuchung lohnen, kann deshalb nicht die Anzahl seiner Anhänger oder die Wirkung seiner Werke sein, sondern allein die durchaus positiv gemeinte Frage: Was hat Gustav Landauer zur Abrundung und Weiterentwicklung eines menschenmöglichen und menschenwürdigen Sozialismus beigetragen? - Denn es ist keineswegs ausgemachte Sache, ob die Arbeit der sich gegenwärtig als sozial oder sozialistisch deklarierenden Parteien und Verbände in ihrer Wirkung auf die Gesellschaft tatsächlich 'sozial' ist, und ob nicht vielmehr weite Bereiche des Lebens dieser Gesellschaft mehr oder weniger bewußt vernachlässigt werden, oder aus Unvermögen, eine cum grano salis zu verstehende geistige Konzeption aufzustellen, brachliegen."

Vier Jahrzehnte später hat der Autor die Latte seiner Erwartungen noch niedriger gelegt. Im Vorwort zur vorliegenden Neuauflage seines Buches charakterisiert Kalz den Wert der libertären Ideen Landauers wie folgt:

"Es fragt sich, ob das in seine Neuauflage gehende Buch über Gustav Landauers Anarchismus und Kultursozialismus irgend Förderliches zur Lösung der anstehenden Fragen und der Fülle der aktuell zutage liegenden Absurditäten beizutragen hat. Aber entscheidend für den Wert auch einer anarchistischen Utopie wie derjenigen Landauers, (...) ist nicht ihre unmittelbare praktische Anwendbarkeit, sondern daß sich immer wieder Einzelne finden, die es, wie Landauer sagt, nicht mehr aushalten können in ihrer Zeit und die, wenn auch stets als Geschlagene, dennoch versuchen, die Menschen zu einem erfüllten, einem wahren Leben zu verführen, kurz das Leben einander nicht zur Hölle zu machen."

Es bleibt zu hoffen, dass die Arbeit von Kalz auch heute wieder ihre Leser und Leserinnen findet und diese zur Lektüre von Landauers Originalschriften und zu einer zeitgenössischen Auseinandersetzung mit seinen Ideen anregt.

Jochen Schmück


Inhalt

VORWORT zur Neuauflage (7)

VORWORT zur Erstauflage (12)

EINLEITUNG: Das Leben Gustav Landauers und seine Entwicklung zum Anarchisten (15)

ERSTER ABSCHNITT: Die soziale Ordnung des Landauerschen Sozialismus

1. Die Gemeindeverfassung und die Sozialistische Siedlung (39)

2. Boden, Eigentum und allgemeine Wirtschaftstheorie (53)

3. Der Wirtschaftsprozeß (62)

ZWEITER ABSCHNITT: Landauers Auseinandersetzung mit den politischen Mächten seiner Zeit

I. Marxismus und Landauers Sozialismus (75)

II. Der Kapitalismus, der Staat und Landauers Sozialismus

1. Landauers Kapitalismus-Kritik (84)

2. Landauers Staats-Kritik (89)

3. Der Sozialistische Bund - Wegbereiter der sozialen Revolution (93)

4. Landauers Theorie der Revolution (99)

DRITTER ABSCHNITT: Landauers politische Theorie unter dem Einfluß der Revolution 1918/19

1. Die Idee des Föderalismus (109)

2. Die sozialistische Wirtschaft in der Übergangsphase der Revolution (118)

3. Die Erziehung des Menschen zum Sozialismus .... (122)

VIERTER ABSCHNITT: Die Revolution

Landauer als Politiker während der Münchener Revolution (127)

FÜNFTER ABSCHNITT: Das Selbstverständnis des Landauerschen Sozialismus

1. Landauers Auseinandersetzung mit dem Anarchismus (157)

2. Über das Fehlen einer anarchistischen Partei und Theorie in Landauers Sozialismus (167)

3. Begriff und Ziel des Landauerschen Sozialismus und der Weg zu seiner Verwirklichung (174)

4. Individuum und Gemeinschaft in Landauers Sozialismus (181)

SECHSTER ABSCHNITT: Ergebnisse

1. Die Originalität der Lehre Landauers (189)

2. Kritik und Würdigung (213)

ANHANG:

  • "Leitsätze der Politik" (235)
  • Die Zwölf Artikel des Sozialistischen Bundes (1908) - (236)
  • Die Zwölf Artikel des Sozialistischen Bundes (1912) - (238)
  • BIBLIOGRAPHIE (242)
  • NAMENSREGISTER (266)


Über den Autor

Dr. Wolf Kalz, geboren 1933 in Halberstadt, ist Historiker, Germanist und Politikwissenschaftler. Buchpublikationen: „Gustav Landauer, Anarchist und Kultursozialist“ (1967), „Die Ideologie des ‚deutschen Sonderwegs’“ (2004), „Die politische Elite und der Staat“ (2004), „Ein deutsches Requiem“ (2006), „Studie und Gestalt“. Eine Werkbiographie (2006), „Die Gesichte der Kassandra“ (2008), „Gustav Landauer, Ein deutscher Anarchist“ (2009).


Die DadA-Buchempfehlung