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Améry, Jean

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Lexikon der Anarchie: Personen


Jean Amery (1912-1978)

Jean Améry (urspr. Hans Maier/Mayer) (geb. 31. Oktober 1912 in Wien; gest. 17. Oktober 1978 in Salzburg (Freitod). Pseudonyme u. a.: Hanns Mayer, Peter Frühwirth, Roger Lippens, Claude Marrain. Der Schriftsteller, Journalist, Philosoph und Kulturkritiker Jean Améry verstand sich als linksintellektueller Nachfahre der neuzeitlichen europäischen Aufklärung. Vor allem als Essayist gehört er, ein Überlebender des Vernichtungslagers Auschwitz, zu den Begründern der "Literatur der Shoah".


Biographie und politische Entwicklung

Geprägt von der intellektuellen Atmosphäre im Wien der 20er und 30er Jahre, konzentrierte sich Jean Améry neben seinen literarischen und philosophischen Studien (Ernst Mach, Moritz Schlick, Rudolf Carnap und Fritz Mauthner) frühzeitig auf erste eigene Schreibversuche.

Die innenpolitischen Ereignisse in Österreich 1933/34, die zu einem klerikalen Ständestaat führten, weckten Amérys politisches Interesse und bewirkten dessen lebenslange Wachsamkeit gegenüber autoritären und antiaufklärerischen Entwicklungen. Die antisemitischen „Nürnberger Gesetze“ der Nationalsozialisten 1935 bestimmten, wer Jude zu sein hatte und wer nicht und brandmarkten Améry zum Juden. Er verspürte das drohende Unheil, das von den Nazis ausging und begann sich intensiv mit deren Ideologie auseinander zu setzen. Bis dato spielte das Judentum keine erwähnenswerte Rolle in Amérys Leben. Ohne den Zwang der geschichtlichen Ereignisse hätte er sich später niemals so eindeutig zum Judentum bekannt. Erst als ihn eine feindliche Umwelt zum „Juden“ stigmatisierte, beschäftigte er sich eingehend mit seiner Herkunft.

Ende 1938, nach dem Anschluss Österreichs an NS-Deutschland, floh Améry nach Belgien und schloss sich im Herbst 1941 in Brüssel der Widerstandsbewegung gegen die Nationalsozialisten an. Im Sommer 1943 verhaftet, durchlitt er annähernd zwei Jahre lang die von den Nazi-Schergen begangenen Verbrechen am eigenen Leibe. Um nicht unter der Folter Namen und Widerstandsaktivitäten preiszugeben, unternahm er einen Suizidversuch. Anfang 1944 nach Auschwitz deportiert, erlebte er seine Befreiung vom Nationalsozialismus Mitte April 1945 im KZ Bergen-Belsen - und kehrte nach Brüssel zurück.

Wie viele Überlebende der Shoah stellte auch Jean Améry erschüttert fest, dass die Ermordung von sechs Millionen jüdischen Menschen durch NS-Deutschland nach 1945 allgemein ignoriert wurde. Um seine Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus zu verkraften, betätigte er sich seitdem als Schriftsteller und Publizist. Allein durch das Medium der geschriebenen und gesprochenen Sprache glaubte er die unmittelbare Vergangenheit bewältigen zu können, um sich erneut in dieser zerrissenen Welt zu verorten.

Bedeutsam für den nach einer lebenspraktischen Philosophie Ausschau haltenden Améry war damals der Existentialismus Jean-Paul Sartres. Mit seinem existentialistischen Freiheitsbegehren und einer Ausrichtung auf das Individuum schöpfte er neuen Lebensmut. Allein der Existentialismus Sartres, vor allem dessen Bemühungen, das Subjekt vor der Vereinnahmung durch eine technokratisch zunehmend verengte Welt zu bewahren, schien das quälende Gefühl eines den NS-Todeslagern Entronnenen exakt zu beschreiben.

1964 widerfuhr Améry dann eine weitere bedeutende biographische Zäsur: es begannen die „Expeditionen jenseits des Rheins“ in das von ihm jahrelang gemiedene Deutschland. Damals beschäftigte er sich intensiv mit seinen Auschwitz-Erfahrungen, die 1966 unter dem Titel „Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten“ erschienen. Seitdem publizierte er auch in der Bundesrepublik Deutschland. Seine „Wanderjahre“ in Westdeutschland der 60er und 70er Jahre konfrontierten ihn nicht nur mit der anhaltenden Fremdheit gegenüber diesem Land; er verspürte auch die gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland.

Der freiheitsbewegten, antiautoritären Jugend- und Studentenbewegung der 60er Jahre begegnete Jean Améry zunächst mit Sympathien, zumal er sich selber einer aufklärerischen, humanistischen Linken zuordnete. Doch deren Zersplitterung in oftmals antiaufklärerische, marxistisch-leninistische Zirkel bedrückte ihn ebenso wie die Diagnose totaler Machtverhältnisse und eine Abkehr vom Subjekt seitens des französischen Strukturalismus. Für Améry begünstigte dieser theoretische Anti-Humanismus gegenaufklärerisches Denken und Handeln - eine Entwicklung, die bei ihm tiefe Skepsis hervorrief.


Judentum und Antisemitismus

Die tägliche Konfrontation mit der auf den Arm tätowierten sechsstelligen Auschwitznummer zwang Améry zur andauernden Erinnerung. Schmerzhafte, mit den begrenzten Mitteln unserer Sprache kaum vermittelbare Erfahrungen verbanden sich für ihn mit anhaltenden Zukunftsängsten. Als Jude musste er sich einrichten ohne „Weltvertrauen“, das durch die Folter der SS zerstört worden war. Seine jüdische Identität entsprang keiner persönlichen Entscheidung. Erst der nationalsozialistische Vernichtungsantisemitismus ‚erschuf’ ihn als Juden; als solcher galt er nicht aufgrund freier Wahl, sondern weil ihn seine nichtjüdische Umwelt dazu bestimmte. Ihm selbst bedeutete sein Jude-Sein vor allem, Teil einer „Schicksalsgemeinschaft“ zu sein, nicht jedoch eine religiöse Lebenspraxis.

Ausgehend von Jean-Paul Sartres 1944 niedergeschriebenen Essay „Betrachtungen zur Judenfrage“, eine phänomenologische Beschreibung der neuzeitlichen Judenfeindschaft und theoretischer Nachweis des Améry aufgezwungenen "Jude-Seins“, verortete Améry den Antisemitismus primär als ein Problem der Nichtjuden und begriff die jüdische Identität vor allem als eine Reaktion auf antijüdische Vorurteile. Für Jean Améry ist der Antisemitismus vor allem eine selbstgewählte Haltung, eine Einstellung nicht nur dem Juden gegenüber, sondern auch den Menschen im allgemeinen, der Geschichte und Gesellschaft gegenüber. Bisher scheiterten sämtliche Bemühungen, AntisemitInnen durch Aufklärung und Erziehung eines Besseren zu belehren. Erfahrungsgemäß, so Améry, lässt sich der Antisemit kaum von stichhaltigen Argumenten überzeugen und damit von seinem verbrecherischen Denken und Handeln abhalten.

Stets bedrückte ihn der Antisemitismus innerhalb der politischen Linken mehr als derjenige der Rechten. Während des israelisch-arabischen Sechstagekrieges 1967 sah er sich veranlasst, seine Stimme gegen eine linke Variante des Antisemitismus zu erheben: den marxistisch-antiimperialistischen Antizionismus innerhalb der „Neuen Linken“. Dieser abstrahiert von den konkreten Leidenserfahrungen jüdischer Menschen während des Nationalsozialismus. Kritisiert wird nicht nur die Besatzungspolitik der israelischen Armee, sondern Israel insgesamt wird als imperialistisch diffamiert. Mehr noch: Zionismus umschließt für große Teile der „Neuen Linken“ sowohl sämtliche Israelis als auch das gesamte Diasporajudentum. Als unaufrichtig entlarvte er die Argumentation, Antizionismus zu propagieren und gleichzeitig die Juden und Jüdinnen hiervon ausnehmen zu wollen. Niemand könne an der Tatsache vorbeisehen, dass der Staat Israel ein jüdisches Gemeinwesen darstellt. Wer daher auf die Zerstörung Israels abziele, knüpfe, ohne sogleich subjektiv Antisemit zu sein, an den Vernichtungsantisemitismus der Nationalsozialisten an. Besonders von der politischen Linken erwartete Améry, sich des grausigen Schicksals der Israelis im Falle ihrer militärischen Niederlage durch die arabischen Nachbarn zu vergegenwärtigen. Von ihr forderte er, sich grundlegend vom Antisemitismus und damit auch vom Antizionismus abzukehren.

Um die Wiederkehr des nationalsozialistischen Alptraums und der pogromistischen Judenfeindschaft künftig zu verhindern, erschien Améry historische Erkenntnis und Empathie, also das Hineinversetzen in die Leidensgeschichte der Opfer, als wegweisend. Allein ständige Aktualisierung und öffentliches Austragen dieses schwelenden Konfliktes ermögliche eine Perspektive, der Shoah angemessen zu gedenken und so den wenigen Überlebenden ein Weiterleben in Würde zu ermöglichen.

Antisemitischen Ressentiments trat Améry vor allem dadurch entgegen, dass er sein aufklärerisches Interesse an der Jugend ausrichtete. Als Gegner einer gegen alle Deutsche gerichteten Kollektivschuldthese trug er der nach der Befreiung vom Nationalsozialismus heranwachsenden Jugend das ihm persönlich zugefügte Leid nicht nach. Vertrauensvorschuss ihnen gegenüber hielt er durchaus für gerechtfertigt. Gleichwohl mutete er der deutschen Jugend eine moralische Mitverantwortung für die von ihren Eltern und Großeltern begangenen Verbrechen zu. Wiederholt ermunterte er die heranwachsende Generation zur anhaltenden Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Shoah. Allein menschliche Einfühlung in die Situation der Erniedrigten, Skepsis gegenüber allen zugereichten Heilsrezepten und die Bereitschaft zu persönlicher Verantwortung können verhindern, dass die Shoah sich wiederhole: „... wir sind“, so formulierte Jean Améry im Sommer 1945 unmittelbar nach der Befreiung aus der NS-Lagerhaft sein diesbezügliches Credo, „nur von zwei inbrünstigen Wünschen geleitet: Die Wahrheit zu erkennen, die irgendwo sehr ferne hinter den Erscheinungen liegt, und: zu verhindern, dass jemals wieder unter irgendeinem Vorwand das blutige Abenteuer, dass wir wunderbarer Weise lebend überstanden haben, beginnen könnte.“ (Zur Psychologie des deutschen Volkes. NL Jean Améry - Deutsches Literaturarchiv Marbach a. N.) Vor allem mit der Jugend verband er seine Hoffnung, aus den historischen Trümmern die Geschichte des Nationalsozialismus mit Auschwitz als Zentrum freizulegen, um mit selbstverantwortlichen Menschen weitere Zivilisationsbrüche zu vermeiden. Améry hob die Kontinuität des Antisemitismus bis in die unmittelbare Gegenwart hervor und betonte, dass sich eine aufgeklärte, freiheitliche Demokratie daran messen lassen muss, welchen Stellenwert dem Gedenken an die Shoah eingeräumt wird, um diesen Zivilisationsbruch nicht zu wiederholen, und ob verhindert werden kann, dass sich der Antisemitismus weiter ausbreitet.

Amérys Bedeutung für die anarchistische Rezeption

Stets offen bekannte sich Jean Améry zu seiner antikapitalistischen Einstellung und seiner weitreichenden Kritik an der bürgerlich-demokratischen Gesellschaft. Obwohl er sich keineswegs als Anarchist verstand, plädierte er für die am französischen Existenzialismus ausgerichtete Philosophie der Freiheit und stellte die besondere Bedeutung des Individuums im Prozess der Selbstfindung heraus. Radikale Selbstveränderung müsse daher immer beim Individuum beginnen, jedoch darüber hinaus den jeweiligen sozialen Kontext einbeziehen. So forderte er zu ständigem Selbstentwurf und einer Selbstfindung jenseits vorgegebener Moralnormen auf. Der Mensch als Träger der Freiheit, dieses zentrale Credo prägte Amérys Persönlichkeit.

Zugleich musste er sich eingestehen, dass das Individuum innerhalb der neuzeitlichen bürgerlichen Gesellschaft tendenziell zum Objekt verkümmert. Wirklich frei entfalten könne sich der Mensch daher erst unter den Bedingungen einer humanen, nicht-entfremdeten Gesellschaft. Um den wiederholt diagnostizierten Verfall sozialer Beziehungen aufzuhalten, erkannte er vor allem in der gleichberechtigten, zwischenmenschlichen Kommunikation eine ernst zu nehmende Chance. Das dialogische Gespräch sollte die Humanisierung der Sprache, mithin menschliche Verkehrsformen vorantreiben. Dies schloss sein Plädoyer für mehr Toleranz mit ein. Darunter verstand er allerdings nicht Indifferenz und „laisser-faire“-Duldsamkeit, sondern ständige Selbstreflexion und kritische Überprüfung sämtlicher tradierter Anschauungen.

Nachhaltig bemühte sich Jean Améry um eine Neubewertung emanzipatorischer Theorie und Praxis. Er erkannte, dass abstraktes Denken in den modernen Industriegesellschaften ständig Nützlichkeits- und Anwendbarkeitskriterien unterworfen ist. Diese Vereinnahmung führe in letzter Konsequenz zu einer Beschädigung der Theorie und damit auch der befreienden Praxis. Um überhaupt die Welt zu erkennen und damit nicht von Beginn an zweckbestimmt zu handeln, benötigt reflexives Denken stets einen gewissen Abstand zur gesellschaftlichen Realität. Praxisgewordene Theorie verbleibe jedoch auch weiterhin im Verantwortungsbereich des handelnden Individuums. Amérys Plädoyer einer grundlegenden, strukturellen Gesellschaftsveränderung charakterisiert seine sozialistische Utopie als menschheitlich, egalitär und libertär. Zwar attestierte er dem von SyndikalistInnen und AnarchistInnen seit dem 19. Jahrhundert bis heute propagierten Generalstreik angesichts überlegener staatlicher Machtmittel der bürgerlichen Gesellschaft nur noch eine eingeschränkte Tauglichkeit. Zugleich lobte er aber im Anschluss an die Lektüre von Horst Bieneks 1970 erschienenem Buch „Bakunin, eine Invention“ über den russischen Anarchisten Michail Bakunin den Anarchismus als Entgrenzung sowie als authentischen Befreiungsakt und würdigte dieses soziale Transformationskonzept als ein notwendiges Korrektiv revolutionärer Mentalität. Obgleich sich Améry wenig mit Absichten und Zielsetzungen, Geschichte und Gegenwart des Anarchismus auseinander setzte, eröffnete ihm seine begrenzte Lektüre konkrete Vorstellungen von libertärer Spontaneität, Glücksverlangen und lebenshungriger Hoffnung im Gegensatz zur marxistisch-leninistischen Parteidisziplin, Selbstverleugnung und persönlichen Entfremdung. Folgerichtig lehnte er wiederholt die Diffamierungen und Fehldeutungen des Anarchismus seitens stalinistischer Kommunisten unmissverständlich ab. 1971 schrieb er: „Eine revolutionäre Bewegung, die nur anarchistisch ist, führt gewiss zu keinerlei gesellschaftlichem Ergebnis. Das Fehlen jeglicher anarchisierender Tendenz aber würde die Linke so freudlos und öde machen wie es die neostalinistisch regierten Ländern noch immer sind. Auch das anarchisierende Spiel trägt bei zur Humanisierung des Antlitzes des Sozialismus.“ (Wege und Abwege autoritätsfeindlichen Denkens. Über Wolfgang Harichs Kritik der revolutionären Ungeduld. NL Jean Améry, Blatt 12) In diesem Zusammenhang ordnete Jean Améry die Gesellschaftslehre und gewaltfreie Utopie eines humanistischen Sozialismus Erich Fromms dem Anarchismus zu.

Jean Améry schloss sich zeitlebens keiner politischen Idee vollständig an: weder dem Marxismus - von dessen geistiger Nähe er sich allerdings nie ganz befreite - noch dem Anarchismus oder dem bürgerlichen Liberalismus. Seine metropolitane Utopie, mit der er die Hoffnung verband, den Herausforderungen einer potentiellen Zerstörung dieses Planeten wirksam begegnen zu können, gründete sich auf seiner anhaltenden Sympathie für großstädtische Multikulturalität. Die urbane Janusköpfigkeit, nämlich städtische Freiheit und zugleich Fremdheit, wünschte er „grundsätzlich im Akt der Entscheidung“ (Stadtluft macht frei: Urbanität heute? In: Ders. u.a., Über die Tugend der Urbanität. Wuppertal-Barmen 1969, S. 14) aufzuheben. Zur großstädtischen Lebenskultur bestand für Améry längst keine glaubwürdige Alternative mehr. Lediglich im weltoffenen Metropolitanismus erblickte er Chancen zur humanen und freiheitlichen Weiterentwicklung der Menschheit. Dieses neue Welt- und Stadtbewusstsein sollte den Weg eines offenen Miteinanders gegen Entfremdung und Entpersönlichung ebnen. Gleichwohl stand sein kontinuierliches Engagement für eine freiere und humanere Gesellschaft auf der Grundlage der Errungenschaften westlicher Zivilisation stets unter dem Signum seiner schrecklichen Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus: „Nach den Mordfesten der Nazis wissen wir: westliche Zivilisation (...) kann koexistieren mit nackt und schamlos sich zeigender Barbarei.“ (Das Elend der Kulturphilosophie. George Steiners kulturphilosophische Essays. In: Die Zeit (Hamburg), 09.03.1973)

Jean Amérys Bedeutung für eine Rekonstruktion libertärer Theorie und Praxis liegt gerade darin, dass er als „Grenzgänger“ auf analytischer, reflexiver Differenzierung sämtlicher Gedankensysteme und Theoriegebäude beharrte und damit vor ideologischer Vereinnahmung weitgehend gefeit blieb. Seine intellektuelle Autonomie ermöglichte es ihm, sich den zentripetalen Kräften innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft zu entziehen und seine Utopie einer freien, egalitären und humanen Gesellschaft beizubehalten. Auch als am Ende seines Lebens grundlegende Zweifel sogar gegenüber seiner eigenen gesellschaftskritischen Haltung überwogen, bewahrte er sich seine zögerliche Sympathie zum konkreten Menschen, zum radikalen Humanismus und zur neuzeitlichen Aufklärung, deren Widersprüchlichkeit er stets mitbedachte.


Hauptwerke

  • Geburt der Gegenwart. Gestalt und Gestaltungen der westlichen Zivilisation seit Kriegsende. Olten u. Freiburg i. Br. 1961
  • Jenseits von Schuld und Sühne. Bewältigungsversuche eines Überwältigten. München l966 (weitere Aufll.)
  • Über das Altern. Revolte und Resignation. Stuttgart l968 (weitere Aufll.)
  • Unmeisterliche Wanderjahre. Aufsätze. Stuttgart 1971
  • Widerspräche. Stuttgart 1971
  • Lefeu oder Der Abbruch. Roman-Essay, Stuttgart l974
  • Hand an sich legen. Diskurs über den Freitod. Stuttgart 1976 (weitere Aufll.)
  • Charles Bovary. Landarzt. Porträt eines einfachen Mannes. Stuttgart l978
  • Lessingscher Geist und die Welt von heute. Rede zur Eröffnung des Wolfenbütteler Lessinghauses am 15. April 1978. Wolfenbüttel 1978
  • Örtlichkeiten. Stuttgart l980
  • Bücher aus der Jugend unseres Jahrhunderts. Stuttgart 1981
  • Weiterleben - aber wie? Essays 1968-1978. Stuttgart 1982
  • Der integrale Humanismus. Zwischen Philosophie und Literatur. Aufsätze und Kritiken eines Lesers 1966-1978. Stuttgart 1985
  • Der Grenzgänger. Gespräch mit Ingo Hermann in der Reihe „Zeugen des Jahrhunderts“. Göttingen l992
  • Cinéma. Arbeiten zum Film. Stuttgart l994
  • Ressentiments. Rede im Süddeutschen Rundfunk am 7. März 1966. Hamburg 1995
  • Jean-Améry-Werke. 9 Bde. Hrsg. von Irene Heidelberger-Leonard. Stuttgart 2002ff.


Literatur (Auswahl)

  • Über Jean Améry. Stuttgart 1977
  • Jean Améry. Stuttgart 1978 (= Hermannstraße 14. Halbjahresschrift für Literatur, Sonderheft)
  • Marbacher Magazin 24/1982: Jean Améry, Marbach 1982
  • Jean Améry. Hrsg. von Heinz Ludwig Arnold. München 1988 (= Text u. Kritik, H. 99)
  • Irene Heidelberger-Leonard (Hrsg.), Über Jean Amery. Heidelberg 1990
  • Dagmar Lorenz, Scheitern als Ereignis. Der Autor Jean Améry im Kontext europäischer Kulturkritik. Frankfurt/M. u.a. 1991
  • Stephan Steiner (Hrsg.): Jean Amery [Hans Maier]. Basel/Frankfurt/M. 1996
  • Siegbert Wolf, Von der Verwundbarkeit des Humanismus. Über Jean Améry. Frankfurt/M. 1995
  • Petra S. Fiero, Schreiben gegen Schweigen. Grenzerfahrungen in Jean Amérys autobiographischem Werk. Hildesheim u.a. 1997
  • Siegbert Wolf, "Wer das Böse angeschaut mit Augen". Zum zwanzigsten Todestag Jean Amérys. In: Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums (Frankfurt/M.) 37 (1998), Heft 148, 4. Quartal, S. 58ff.
  • Harry Rosina, Jean Améry – P-R-A-U-S-T oder: Der Letalfaktor. Bern 1998
  • Irene Heidelberger-Leonard/Hans Höller (Hrsg.), Jean Améry. Der Schriftsteller. Stuttgart 2000
  • Siegbert Wolf, "Ich bleibe fixiert, bis zum bittersten Ende, an das Erlebnis." Jean Améry und die TRIBÜNE. In: Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums (Frankfurt/M.) 39 (2000), Heft 153, 1. Quartal, S. 162ff.
  • Irene Heidelberger-Leonard, Jean Améry. Revolte in der Resignation. Biographie. Stuttgart 2004
  • Kritik aus Passion. Studien zu Jean Améry. Hrsg. von Matthias Bormuth und Susan Nurmi-Schomers. Göttingen 2005.
  • Siegbert Wolf, "Ich fühle mich so fremd allerorten". Zum 100. Geburtstag des Schriftstellers Jean Améry (1912-1978). In: Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums (Frankfurt/M.) 51 (2012), Heft 203, 3. Quartal, S. 172-182.


Autor: Siegbert Wolf

Quelle: Dieser Artikel erschien erstmals in: Lexikon der Anarchie: Encyclopaedia of Anarchy. Lexique de l'anarchie. - Hrsg. von Hans Jürgen Degen. - Bösdorf: Verlag Schwarzer Nachtschatten, 1993-1996 (5 Lieferungen). - Loseblattsammlung in 2 Ringbuchordnern (alph. sortiert, jeder Beitrag mit separater Paginierung). Für die vorliegende Ausgabe wurde er überarbeitet.

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