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UPTHEREPUBLIC

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Die DadA-Buchempfehlung

Buchcover: 978-3-89528-594-3.gif
Autor/en: Wolfgang Asholt, Walter Fähnders u. Rüdiger Reinecke (Hrsg.)
Titel: UPTHEREPUBLIC
Untertitel: Literatur und Medien im Spanischen Krieg (1936-1939)
Verlag: Aisthesis Verlag
Erscheinungsort: Bielefeld
Erscheinungsjahr: 2006
Umfang, Aufmachung: (=Reisen Texte Metropolen, Bd. 5). 109 Seiten, 50 teilw. farb. Abb., 20,5 x 20,5 cm, kart.
ISBN: (ISBN-10:) 3-89528-594-3 / (ISBN-13:) 978-3-89528-594-3
Preis: 16,80 EUR
Direktkauf: bei aLibro, der Autorenbuchhandlung des DadAWeb

Inhalt

Dank/Credits // ZUM KATALOG: Wolfgang Asholt: Die Literatur und der Spanische Bürgerkrieg: Modell oder Verlorene Illusionen des Engagements? / Jutta Held: Politische Bilder im Spanischen Bürgerkrieg / Rüdiger Reinecke: Zur Forschung // KATALOGTEIL (bearbeitet von Rüdiger Reinecke): 1. Republik und Revolution (1931-1936) / 2. "spanish revolution": 2a. Die Soziale Revolution – 2b. Deutsche Anarcho-Syndikalisten – 2c. Exilierte Frauen – Mujeres libres / 3. Internationalismus: 3a Internationale Solidarität – 3b. Internationale Brigaden / 4. Medien: 4a. Fotografie – Fotomontage – 4b. Rundfunk – Freiheitssender 29,8 – 4c. Lieder – 4d. Zeitschriften – Romancero – Reportage / 5. Publikationen: 5a. Exilverlage – 5b. Tarnschriften / 6. Erinnerung und Aneignung // Abkürzungsverzeichnis / Literaturauswahl.


Rezension

Aus Anlass des 70jährigen Jahrestages des Ausbruchs des Spanischen Bürgerkrieges hat die Universität Osnabrück eine Ausstellung zum Thema "Literatur und Medien im Spanischen Krieg (1936-1939)" veranstaltet. Die Ausstellung und der hierzu erschienene Katalog dokumentieren die vielfältigen Aspekte des Bürgerkrieges und der zeitgleich stattfindenden Sozialen Revolution.

In ihrer Radikalität setzte die Soziale Revolution in Spanien, die am 19. Juli 1936 dem Putsch der "Verrätergenerale" um Franco folgte, ungeheure Widerstandskräfte frei. Insbesondere auf republikanischer Seite zeigte sich ein Engagement, das von dem Glauben getragen wurde, den Verlauf des Krieges bzw. der Sozialen Revolution mit den Mitteln der Kunst, der Literatur und des Journalismus entscheidend beeinflussen zu können. Gleichzeitig handelte es sich bei den Ereignissen in Spanien in den Jahren 1936 bis 1939 um eine internationale Auseinandersetzung, einen sozialen, politischen und militärischen Krieg der Ideologien, wie der Bürgerkrieg im Bürgerkrieg, der Krieg zwischen Kommunisten und Anarchisten deutlich macht.

Ein besonderes Augenmerk haben die Ausstellungsmacher, Herausgeber und Autoren des Kataloges den kulturrevolutionären Anstrengungen gewidmet, die in diesem Spannungsfeld von Bürgerkrieg und Sozialer Revolution zum Ausdruck kamen. Die Exponate lassen ein Engagement sichtbar werden, das sich in ungewöhnlicher Weise aller Medien und Kunstgattungen bediente und diese nicht nur den großen "Namen" überließ. Kunst wurde zu einer Angelegenheit von allen, so wie die Kultur im Allgemeinen, und es ist beeindruckend, was uns diese Kulturrevolution an Zeugnissen hinterlassen hat.

Wie tief diese Kulturrevolution in der republikanisch gesinnten Bevölkerung verwurzelt war, kommt vielleicht am deutlichsten zum Ausdruck in der Vielzahl von "Romanceros", die während des Spanischen Krieges zumeist anonym erschienen sind. Die Romanze ist eine urspanische Versform, volkstümliche episch-lyrische Gedichte, die auf Heldenepen zurückgehen. Diese Gedichte greifen überwiegend aktuelle Ereignisse auf. So berichten sie mal heroisch und appellierend, mal ironisch und schmähend über anonyme Helden des Krieges und der Revolution oder über die Bösartigkeit und den Terror der Feinde der Republik. Obschon eine Vielzahl der Romanzen in der Nachkriegszeit und unter dem Francoregime endgültig verloren gegangen ist, wurden bis heute mehr als 15.000 Romanzen von 5.000 AutorInnen gesammelt. Ebenso beeindruckend ist die (für damalige Verhältnisse) große Vielfalt der auf republikanischer Seite erschienenen periodischen Publikationen, wie Zeitungen, Zeitschriften und Flugschriften, von denen 500 Titel bekannt geworden sind.

Auch die Tausenden von freiwilligen Kämpferinnen und Kämpfer, die mit Ausbruch des Bürgerkrieges aus aller Herren Länder nach Spanien geeilt waren, um dort gegen den Faschismus und dabei zugleich (wie die Anarchisten und Trotzkisten) für die Soziale Revolution oder (wie die moskautreuen Kommunisten) gegen die Soziale Revolution zu kämpfen, haben alle Medien genutzt, die ihnen zur Verfügung standen. Die Ausstellung und der Katalog machen deutlich, dass die internationalen Spanienkämpfer die Medien nicht nur als Mittel der internen Kommunikation (wie z. B. als Frontzeitung) genutzt haben, sondern immer wieder auch als Mittel der Aufklärung und Propaganda gerichtet an die Bevölkerung ihrer Heimatländer.

Die von der Gruppe DAS im Dezember 1936 herausgegebene Durruti-Gedenkbroschüre.

Die deutschen Anarchisten und Anarchosyndikalisten, die in Spanien ein Exil vor der Verfolgung durch den Nationalsozialismus gefunden hatten, hatten sich in der Gruppe Deutsche Anarchosyndikalisten, kurz DAS, organisiert. In der Auslandsabteilung der CNT-FAI nahmen die Mitglieder dieser Gruppe herausragende Positionen ein. Der Leiter der Auslandsabteilung war der deutsche Anarchosyndikalist Augustin Souchy, der quasi als eine Art "Außenminister" der CNT-FAI fungierte. In dieser Funktion betreute er u. a. die zahlreichen ausländischen Journalisten, Politiker und Schriftsteller in Barcelona und informierte auch in Rundfunksendungen und auf Auslandsreisen über die Lage in Spanien. Leiter der deutschsprachigen Propaganda wurde der deutsche Journalist und Anarchosyndikalist Helmut Rüdiger, der u. a. den wöchentlichen deutschen Informationsdienst der CNT-FAI redigierte sowie Radio-Beiträge für die Sendungen der CNT-FAI verfasste. Diese auf Mittel- und Kurzwelle über den "Freiheitssender" (Radio Barcelona 2) ausgestrahlten Sendungen dauerten meist 15 Minuten und konnten über Kurzwelle sogar bis ins Deutsche Reich empfangen werden.

Neben der deutschsprachigen Propaganda für die CNT-FAI trat die Gruppe DAS auch selbst publizistisch hervor. So wurde in Barcelona der – bereits von der anarchosyndikalistischen FAUD unter diesem Namen in Berlin betriebene – ASY-Verlag wieder gegründet, der bis Juli 1937 insgesamt vier Broschüren veröffentlichte. Von Januar bis Juni 1937 erschien dreimonatlich die im Untertitel als "Frontzeitung" ausgewiesene Zeitschrift Soziale Revolution, die auch über Spanien hinaus als das Organ der deutschen Anarchosyndikalisten im Exil diente.

Der publizistische Höhepunkt des ASY-Verlages war zweifellos 1937 die Veröffentlichung des "Schwarz-Rot-Buches", das eine Dokumentation der Aktivitäten der geheimen Auslandsorganisation der Nationalsozialisten in Spanien enthält. Die in dem Buch gesammelten Dokumente waren den deutschen Anarchosyndikalisten, die sich am 19. Juli 1936 an den Barrikadenkämpfen in Barcelona beteiligt hatten, bei der Stürmung des Deutschen Clubs in die Hände gefallen. Das Buch machte deutlich, dass die NSDAP-AO ganz Spanien mit einem Netz von Parteizellen und Unterorganisationen (wie z.B. der DAF) überzogen hatte und es war gleichzeitig ein deutlicher Beweis für die enge Zusammenarbeit der deutschen und spanischen Faschisten.

Die drei Aufsätze des Kataloges von Wolfgang Asholt, Jutta Held und Rüdiger Reinecke widmen sich der Literatur, der bildenden Kunst sowie dem aktuellen Stand der Forschung. Der Katalog zur Ausstellung lässt ein einzigartiges politisch-kulturelles Engagement sichtbar werden, das sich aller Medien bedient hat. Ausstellung und Katalog verdeutlichen dies durch das breit aufgefächerte Spektrum der Medien, das von Büchern und Buchumschlägen, Broschüren, Flugblättern, Tarnschriften und Raubdrucken, Zeitungen und Zeitschriften, Grafiken, Fotografien und Fotoreportagen bis hin zu Liedern, Schallplatten und Radiosendungen reicht. Es ist das Verdienst dieser Ausstellung, dass sie diese Medien in ihren vielseitigen Wechselwirkungen und in ihrem internationalen Kontext präsentiert.

Wer die Chance hat, die (noch bis zum 15. März 2007 verlängerte) Ausstellung in der Uni-Bibliothek Osnabrück zu besuchen, der sollte dies tun. Es lohnt sich! Wer dies nicht kann, sollte sich wenigstens und unbedingt den Ausstellungskatalog besorgen. Jetzt, sofort: Noch ist das Buch lieferbar!

Jochen Schmück


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